Nach dem Referentenentwurf für ein Leistungsschutzrecht sollen in Zukunft samtliche „Snippets“, also auch kleinste Textbestandteile von Presseartikeln kostenpflichtig, bzw. abmahnfähig werden. Neben heftiger Kritik (siehe unten) gibt es auch „beruhigende“ Artikel, etwa von Christoph Keese auf Presseschauder. Er nennt „Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten“, darunter diesen:
“Nur wer gewerblich aggregiert, ohne selbst zu schreiben, braucht eine Lizenz. Erst wenn ein Blogger Texte oder Stellen daraus übernimmt, ohne sie als Zitat in ein eigenes Werk einzubetten – sprich: ohne selbst etwas dazu zu schreiben -, muss er sich Gedanken machen, ob er eine Lizenz benötigt. Er braucht sie aber nur dann, wenn er gewerblich im Sinne des Gesetzes arbeitet.“
Ja, ich glaube auch, dass das Zitatrecht an sich nicht angekratzt wird. Im Rahmen einer eigenen geistigen Auseinandersetzung darf ich als Bloggerin weiterhin zitieren, auch auf einem gewerblichen Blog.
ABER:
Die meisten Links werden im Web 2.0 “geteilt” bzw. weiter getwittert und auf unzählingen Bookmark-Seiten versammelt, ohne “selbst etwas dazu zu schreiben”. Zahllose Widgets binden auf Blogs automatisiert News aus RSS-Readern (Titel, Link, erste Worte…) ein.
Dies alles würde durch das LSR, sollte es so Gesetz werden, unterbunden bzw. rechtlich sehr riskant. Denn selbst wenn die Seite, auf der die versammelten “Snippets” erscheinen, keinerlei Einnahmemöglichkeiten zeigt, an sich also nicht gewerblich ist, wird sich doch häufig eine berufliche Nähe des Seiteneigners zu den Themen der händisch oder per Aggregator versammelten Links nachweisen lassen – womit es dann (so sieht es der Gesetzesentwurf explizit vor) unter “gewerblich” fiele.
Schuss ins eigene Knie
Was ich absolut nicht verstehe, ist: wie kann man sich als Verleger-Lobby nur dermaßen ins eigene Fleisch schneiden? Wenn Verlinkungen und speziell auch die von mir genannten Aggregationen und Linksammlungen nicht mehr möglich sind, weil “kostenpflichtig” bzw. abmahngefährdet, dann werden die aus dem Netz verschwinden – und damit schwinden unglaublich viele Weg, auf denen Leser bisher zu den Artikeln der Verlage fanden! Es geht mir nicht in den Kopf, wie man so bescheuert sein kann!
Deshalb: Wie wär es mit einem Link-Streik für einen Tag? Keiner verlinkt, retweeted, teilt, twittert, bookmarkt an diesem Tag irgend ein Verlagserzeugnis. Entsprechende Widgets werden still gelegt.
Damit sie sehen können, wie es wäre mit dem neuen Leistungsschutzrecht! Nach dem Motto: wer nicht hören/begreifen will, muss es wohl erleben!
***
Mehr zum aktuellen LSR-Entwurf:
- Leistungsschutzrecht: Von Pressetexten sollten künftig besser alle die Finger lassen | Digital | ZEIT ONLINE
- Das neue Leistungsschutzrecht: Schizophrene Verleger – und ein Geschenk für PR-Berater | Wiegold zwo
- Internet-Law » Kurzanalyse des Gesetzesentwurfs zum Leistungsschutzrecht
- Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht: Erste Reaktionen im Überblick | IGEL
- Digital kastriert: ein Kniefall vor der Verlegerlobby – law blog
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
12 Kommentare zu „Leistungsschutzrecht: Wie wärs mit einem Verlinkungsstreik für einen Tag?“.