Im Artikel „Netzwelten: Eigenheim oder Mietwohnung schreibt Robert Basic über ein Thema, das in der allgemeinen Begeisterung über all die neuen Web 2.0-Dienste nur selten bedacht wird: Was passiert mit deinen Daten in fünf, zehn oder gar zwanzig Jahren? Was ist, wenn die Firmen, die z.B: ein Social Network betreiben oder massenhaft Blogs hosten, verschwinden oder ihre Bedingungen drastisch verändern?
My Home is my Castle
Ich publiziere seit 1996 im Web, das Digital Diary gibt’s seit 1999 und wird, wie auch alle später entstandenen Blogs, auf dem eigenen Server gehostet – bei immer demselben Provider, ein kleiner Familienbetrieb, auf den ich mich verlassen kann. Zudem sichere ich regelmäßig alle Daten der Blogs, damit auch ein – unwahrscheinlicher – Komplettausfall auf Hoster-Seite mich nicht meiner gesamten „digitalen Vergangenheit“ beraubt.
Dass viele User, die nur noch fremde Dienste für ihre Blogs, Profile, Bilder und Links nutzen, gar nicht daran denken, dass ihre Daten von heute auf morgen verschwinden können (pleite, kostenpflichtig, umstrukturiert etc.) hat mich immer schon gewundert. Denn mehrfach hab‘ ich mitbekommen, wie ätzend es dann doch empfunden wird, wenn es tatsächlich passiert. So verlegte einst T-Online alle Homepages mal eben auf einen anderen Server und machte den Service kostenpflichtig. Bei Strato waren die User-Seiten mal über viele Wochen nicht mehr zugänglich, weil es Streitigkeiten mit dem Hoster gab, und auch in der schönen neuen Blogosphäre las ich immer mal wieder von schmerzlichen Verlusten liebevoll ausgebauter Blogs.
Wenn Firmen Inhalte kontrollieren
Ein weiterer nicht ungefährlicher Aspekt der zunehmenden Abhängigkeit von großen Anbietern ist deren Kontrollfunktion: Die Netzzeitung zeigt Fälle auf, in denen wegen Beschwerden, wegen unklarer Rechtslage oder sogar wegen „ungeschriebener Gesetze“ einzelne Bilder und ganze Profile und Accounts gelöscht wurden. Im Zweifel trifft es dann sogar User, die an den (vermeintlichen oder tatsächlichen) Verstößen unbeteiligt sind:
„Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo konnte es in seinem Kampf gegen Kinderpornografie erreichen, dass drei große Internetzugangsanbieter Newsgroups abschalteten, in denen solche Bilder getauscht wurden. Aber weil die Unternehmen den Aufwand scheuten, diese speziellen Foren ausfindig zu machen und zu schließen, wurden direkt tausende ganz legaler Foren mit geschlossen.“
Verbannung und Enteignung
Wer seinen Account in einem großen sozialen Netzwerk verliert, in dem viele Kontakte und Beziehungen über das Profil organisiert sind, wird sich vorkommen wie in der Verbannung. Und der Verlust eines Blogs mit Texten aus mehreren Jahren, das eine Stammleserschaft hat und gut verlinkt ist, bedeutet erstmal den „virtuellen Tod“ desjenigen, der es betrieben hat. Zwar kann man neu anfangen, doch ist ein solcher Vorfall in jedem Fall eine ENTEIGNUNG von der eigenen Vergangenheit, die im Netz ja die gesamte (virtuelle) Identität ausmacht: ohne Spuren im Web existiere ich dort nicht.
Viele Links verweisen auf uralte Artikel auf meinen Blogs und Web-Projekten, die will ich nicht plötzlich ins Leere gehen sehen. Dass all diese alte Texte zugänglich sind, hält mich nicht ab, an der schönen neuen Web 2.0-Welt teilzunehmen, z.B. zu twittern oder ein Profil bei Xing und anderen Communities zu haben: Viel Energie in den Ausbau dieser „Nebenschauplätze“ investiere ich allerdings nicht. Sie sind nichts als Verweise auf mein „Home“ (mittlerweile eine kleine „Landschaft“), in dem ich alleine bestimme, was man da findet und was nicht.
Für alle, die im wesentlichen kurze News und sehr zeitgebundene Statements veröffentlichen, mag es nicht weiter tragisch sein, wenn davon ein großer Teil verschwindet. Schreibt man aber leidenschaftlich gerne länger Artikel zu auch „zeitlosen Themen“ (-> Beispiel), sieht die Sache anders aus. Allen, die das ähnlich sehen, rate ich also zur eigenen Domain, zum Hosting bei einem guten Provider und zu regelmäßiger Datensicherung!
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5 Kommentare zu „Web 2.0: Und morgen bist du weg“.