Claudia Klinger am 26. Mai 2018 —

Eine weit größere Katastrophe als die #DSGVO rollt auf uns zu

Alle reden dieser Tage über die Probleme, die die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mit sich bringt. Allerdings hat diese Verordnung immerhin positive Seiten, denn es ist ein respektables Ziel, dass mit Daten nicht mehr so schludrig umgegangen werden soll wie bisher. Dass die DSGVO auch absurde Blüten treibt und vielen kleinen Webseitenbetreibern und Bloggern viel ziemlich unsinnige Arbeit macht, verdanken wir unserer Regierung, die das Ganze einfach ignoriert hat. Anstatt rechtzeitig ein Anpassungsgesetz auf den Weg zu bringen, dass die allgemeinen Begriffe der Verordnung konkretisiert, das evtl. auch unterscheidet zwischen Giganten und Konzernen einerseits und Mini-Unternehmen, kleinen Freiberuflern und nonkommerziellen Publishern andrerseits. Wie es andere Länder geschafft haben, DE leider nicht.

So nervig das Ganze aber auch ist: es macht erstmal Arbeit, macht manches unbequemer, aber man kann damit leben!

Demnächst für Links bezahlen?

Aber zur Sache: die weit größere Katastrophe, die gerade in die entscheidende Phase der europäischen Gesetzgebung tritt, heißt „Leistungsschutzrecht“ und „Uploadfilter“ bzw. „Linksteuer“ und „Zensurmaschinen“.

Beide Vorhaben werden, wenn sie so durchkommen, irreperable Schäden verursachen:

  • Leistungsschutzrecht: Wir werden Medieninhalte nicht mehr frei teilen und verlinken können, weil immer das Fallbeil des „Leistungsschutzrechts“ drohend über uns hängt. Verleger aus Deutschland (besonders aktiv: Springer, wen wundert’s!) wollen „kleinste Textteile“ EU-weit kostenpflichtig machen.

    Ihre Extremposition hat verhindert, dass es überhaupt eine gemeinsame europäische Vorgabe geben wird: jedes Land soll nun nach dem derzeit letzten Entwurf eines „EU-Leistungsschutzrechts“ machen / ausgestalten dürfen, wie es will! Bei 28 Staaten und 28 verschiedenen Leistungsschutzrechten werden sich Nicht-EU-Plattformen und Publisher natürlich an die restriktivste Lösung halten, schon aus Machbarkeits- bzw. Kostengründen. Von „einheitlichem Binnenmarkt“ ist keine Rede mehr!

  • Uploadfilter, die jeden Upload auf Urheberrechtsverletzungen prüfen, werden die Freiheit, auch legale Nutzungen bereits einmal ins Web / auf die Plattform gestellter Inhalte verunmöglichen. Bye bye Meme, bye bye Fair Use, und tschüss unabhängige kleine Plattformen, die sich Zensurmaschinen gar nicht leisten können. Julia Reeda (EU-Abgeordnete) schreibt in ihrem lesenswerten Artikel Die Zensurmaschinen und das Leistungsschutzrecht kommen in die Zielgerade der EU-Gesetzgebung dazu:

    „Im Gegensatz zur DSGVO sind sich Expert*innen praktisch einig, dass der Urheberrechtsentwurf in seiner aktuellen Form richtig schlecht ist. Während die EU-Institutionen bei der DSGVO viele Punkte gegen den massiven Widerstand von Industrielobbys durchsetzen konnten, sind diese beim Urheberrecht kurz davor, genau das zu bekommen, was sie wollen.“

    Uploadfilter bedrohen / verunmöglichen sogar die Produktion freier Software (Open Source, wie WordPress zum Beispiel), da Plattformen wie Github unter die Filterverpflichtung fallen würden. CODE ist urheberrechtlich geschützt, doch wählen unzählige Entwickler offene Lizenzen, um die gemeinsam mit anderen zu erschaffenden Projekte überhaupt zu ermöglichen. Uploadfilter würden das alles wegrasieren – ein Wahnsinn!