Claudia Klinger am 13. Mai 2014 —

EuGH etabliert Recht auf Vergessen: Google muss Links aus dem Index nehmen

Seit heute gibt es ein Recht auf Vergessen gegenüber Suchmaschinen:

Der Suchmaschinenbetreiber Google kann dazu verpflichtet werden, Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten aus seiner Ergebnisliste zu streichen. Das hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag entschieden. Ein solches Recht leite sich aus der EU-Datenschutzrichtlinie ab. Nach Ansicht des Gerichts ist der Suchmaschinenbetreiber für die Verarbeitung der Daten verantwortlich. Ein Betroffener könne sich mit der Bitte um Änderung der Suchergebnisse direkt an den Suchmaschinenbetreiber wenden – oder, falls seinen Anträgen dort nicht stattgegeben wird, an die Kontrollstelle oder das zuständige Gericht.
SPON

Ich finde, das war lange schon fällig. Es kann nicht sein, dass jemand „auf ewig gebrandmarkt“ bleibt wegen etwas, das lange schon bereinigt und etliche Jahre her ist. Menschen sollten sich auch ändern und „neu erfinden“ dürfen – früher war das Normalzustand, heute muss das erst wieder erkämpft werden.

Vielen gefällt das nicht

In den Kommentaren zum SPON-Artikel regen sich gleich viele über ZENSUR auf, Michael Seemann (mspro) fordert gar auf Twitter eine „Offshore-Suchmaschine“, also außerhalb jeglicher Kontrolle:

Von den Kommentierenden wird auch behauptet, ja geradezu gefordert, dass Google sich doch nicht an in Europa geltende Gesetze und Gerichtsentscheidungen zu halten habe. Das Internet gilt ihnen (erst jetzt!) als „kaputt“ – ich kann mich nur wundern über soviel Datengeilheit und Ignoranz gegenüber den Persönlichkeitsrechten Einzelner.

Dass die jeweilige Quelle mit den persönlichen Daten nicht aus dem Web verschwinden muss, wohl aber der Link in den Suchergebnissen, erscheint anderen als widersprüchlich und inkonsistent. Was rechtmäßig im Web stehe, dürfe auch gefunden werden – Google habe mit den Ergebnissen im Grunde doch gar nichts zu tun.

Dazu mein Kommentar auf SPON

…den ich hier mal aus Zeitmangel einfach zitiere:

Ihr seid doch nicht so naiv, wie Ihr tut! Selbstverständlich ist es ein qualitativer Unterschied, ob „mal kurz googeln“ schon die Info bringt oder ob etwa ein Journalist wie in der Vergangenheit aufwändig Zeitungsarchive durchstöbern muss!

Das Gericht hat entschieden – und m.E. richtig gesehen – dass Suchmaschinen für ihre Verarbeitung der Daten VERANTWORTLICH sind. Sie sind es, die den schnellen Zugang für jeden erst erschaffen – wer will das bitte leugnen?

ZENSUR ist das auch nicht, denn es muss sich ja um persönliche Daten handeln, wobei bei „öffentlichen Personen“ sogar noch eine Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Interessen der Allgemeinheit vorgeschrieben wird.

Die allermeisten stimmen gerne zu, wenn es um „informationelle Selbstbestimmung“ und die Ablehnung von Überwachung durch Geheimdienste, Behörden, sowie das Tracking der BigPlayer geht – aber selber möchte man dann doch lieber alle jemals im Netz gelandeten Infos über jeden und für immer!

Dazu fällt mir der alte Reim ein:

„Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn auch die Herren Verfasser. Ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser.“

Dass Google sich nicht an die Entscheidung halten wird, halte ich für eine steile These! Google hat auch Streetview-Bilder verpixelt, obwohl das vor Gericht vermutlich gegen die Gegner der Abbildung ausgegangen wäre. Ganz allgemein folgt Google Gerichtsentscheidungen, bzw. beschreitet den Rechtsweg, wenn ihnen ein Urteil nicht passt – wäre auch übel, wenn nicht!

Mehr dazu:

Die Haftung von Google und das Recht auf Vergessenwerden im Internet – Internet Law;

Das Google-Urteil des EuGH – übers Ziel hinaus geschossen? – DE LEGE DATA;