Claudia Klinger am 30. Juni 2008 —

Shopdesign: Schönheit ist nicht genug

Site-Review: De Galloni – Kunst am Stuhl

Web-Shops sehen allermeist ziemlich gleich aus: drei Spalten, Portal-artig mit Links überladen, eine Produktgalerie, evtl. nach Rubriken geordnet, die Einzelansicht auf Klick auch größer – nützlich, praktisch, sachlich, aber alles andere als SCHÖN.

de galloni: Kunst am Stuhl

Dass es auch anders geht, zeigen die Berliner Designer von „de Galloni – Kunst am Stuhl“ – es haute mich schier vom Hocker, als mir ein Freund diese Seite zeigte! Das ist wirklich mal ‚was anderes und wirkt zudem nicht aufgesetzt, denn die hier angebotene „Stuhlkunst“ hält, was die Optik der Site verspricht: absolut wahnsinnige und voll verrückte Stühle, die ab 1000 Euro zu haben sind – und man kann auf ihnen sogar noch sitzen!

Jede Seite beeindruckt mit einer anderen Optik – hier das Auswahlmenü der einzelnen Rubriken:

de Galloni: Auswahl

Aus alten Stühlen werden bei de Galloni neue Kunstwerke, die erstaunen und bezaubern. Zum Konzept heißt es: „Wir verstehen unsere künstlerische Arbeit der Stilrichtung „Angewandte Kunst“ als „recycling“ formal gültiger alter Sitzmöbel und anderem Mobiliar, welches aus den unterschiedlichsten Gründen den ästhetischen Anspruch seines Besitzers nicht mehr erfüllt. Durch individuelle Dekore, Themen und ungewöhnliche Farbkompositionen entstehen, spannungsreich durch Form und Farbe, unverwechselbare Unikate.“

Aber…

Leider leidet die Ergonomie der Website darunter, dass dem Designer bzw. der Designerin offenbar im Bilderrausch der Blick auf das Handling ein wenig entglitten ist: Mein Browserfenster ist aufgrund verschiedener Symbolleisten nicht hoch genug, um die Menü-Links am unteren Ende des Shops zu zeigen. Ich hatte also erstmal gar keine Chance, zu erkennen, um was es sich handelt, geschweige denn, die anderen Seiten zu finden! Das Erscheinen des in solchen Fällen hilfreichen Scrollbalkens wird technisch verhindert, wohl um die schöne Optik nicht mit hässlichen grauen Balken zu verunzieren.

Das allerdings ist die Crux und der immer wieder zu besichtigende Kardinalfehler besonders kreativer Gestaltungen: Was nützt die Begeisterung über den so „ganz anderen“ Anblick, wenn ich nicht erkennen kann, dass es ein Shop ist und nicht zum Produkt weiter klicken kann?

Die Stühle selbst sind dafür wirklich der Hammer! Hier mal einer aus der Kollektion „Movies“:

De Galloni-Stuhl

Man wünscht diesen Stühlen wahrlich mehr Aufmerksamkeit! Doch dafür hatten die Kreativen, die diese wunderschöne Site ins Web stellten, offenbar keinen Blick. Die Seite ist nämlich so gut wie unsichtbar, denn Google meldet: „Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage – Stuhldesign De Galloni übereinstimmenden Dokumente gefunden.“ Nicht einmal die direkte Domainsuche (site:http://www.degalloni.de/) bringt ein Ergebnis!

Lost in Cyberspace…

Wie lange dieser schöne Shop wohl schon ungekannt und unverlinkt im Web dümpelt? „SEO“ ist halt doch kein so ganz unwichtiger und mal eben zu vernachlässigender Aspekt im Web-Publishing. In den Metatags finden sich unter „Keywords“ und „Description“ nur drei „aussagekräftige“ Pünktchen! Ein Verlinken einzelner Seiten (wie ich es bei Bild 2 und 3 gerne getan hätte), ist ebenfalls unmöglich, da das Ganze noch in einem antiken Frameset mit ebenso antikem Tabellendesign steckt.

Ach, es tut mir in der Seele weh, wenn solche Perlen im Nirgendwo versauern, weil zwar wunderschöne Grafik den Blick erfreut, aber das 1×1 des Webpublishings weitgehend ignoriert wird! Nun, dieser Artikel wird die Stuhlkunst zumindest mal in den Google-Index bringen und ein paar Besucher schicken: das Stöbern macht wirklich Freude und wer keine 1000 Euro hat, fühlt sich vielleicht inspiriert, am eigenen Stuhl selber kreativ zu werden. Ich hab‘ da jedenfalls einen, der es vertragen könnte…