Sind Leser Masochisten? Glaubt man Jürgen Schnick, dann tut man gut daran, die Leser im Rahmen eines Postings erstmal ordentlich leiden zu lassen, bevor man „die Lösung“ als Befreiung vom mitgefühlten Schmerz präsentiert.
In seinem Beitrag „Was Liebesromane Ihnen über wirkungsvolles Schreiben beibringen können“ berichtet er von seinen Erfahrungen beim Schreiben von vier Liebesromanen: Nicht das große Glück des Zusammenfindens eines Liebespaares ist der Kern gut vermarktbarer Storys, sondern der Schmerz, die Trennung, böse Intrigen und allerlei Schwierigkeiten und Probleme, die über weite Strecken das Happy-End behindern. Im Abschnitt „Lass sie richtig leiden“ heißt es:
„Gutes Schreiben beschreibt eine Lösung für ein Problem. Großartiges Schreiben lässt Sie beides fühlen, das Problem und die Lösung. Wenn das Problem nicht anschaulich ist, wird sich selbst eine großartige Lösung nur lauwarm anfühlen. Die wunderschöne, weichherzige Tochter des Gouverneurs ist wesentlich attraktiver, wenn der heldenhafte Pirat schon mit drei Jahren ausgesetzt worden ist, um von den Hafenratten aufgezogen zu werden. Wenn das Problem schlimm genug ist, dann fühlt sich jede Lösung wunderbar an.“
Ok, mag sein, dass das tatsächlich ein funktionierendes Rezept für das Bewerben allerlei „problemlösender“ Produkte ist. Andrerseits: ich habe nach wenigen Versuchen Liebesromane links liegen lassen, weil ich dieses Schmerzgetue nicht „just for nothing“ emotional mitmachen wollte. Und ich hasse es auch, wenn mir auf gefühlt einer Million Webseiten ein kurzer Trick gegen „zuviel Bauch“ versprochen wird, ich mir dann aber ein zehnminütiges Video angucken soll, in dem mich ein Sprecher ellenlang mit allerlei persönlichen „Leidensgeschichten“ vollabert – anstatt ZUM PUNKT ZU KOMMEN!
Wie immer gilt wohl: Nicht jedes Rezept klappt bei allen. „Leiden lassen“ mag in manchen Textsorten der Bringer sein, in anderen ist es eher kontraproduktiv.
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4 Kommentare zu „Blogging-Tipp: Die Leser leiden lassen?“.