Claudia Klinger am 20. Januar 2009 —

Jeder kann sich jetzt online beim Presserat beschweren

Weil ich mich dafür interessierte, was genau eigentlich im Pressekodex steht, suchte ich die Seite des Deutschen Presserats auf – und fand dort eine Meldung mit dem Wortlaut:

„Ab dem 1.1.2009 ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Presse auch für journalistisch-redaktionelle Beiträge im Internet, sofern es sich dabei nicht um Rundfunk handelt, zuständig. Beschwerden können daher nunmehr auch über ein Online-Beschwerdeformular an den Presserat (beschwerde‎ @ ‎presserat.de) geschickt werden.

Bislang konnten Beschwerden beim Presserat nur schriftlich und mit Unterschrift versehen eingereicht werden. Mit der erweiterten Zuständigkeit für den Onlinebereich ist es nun möglich, sich per E-Mail zu beschweren und z. B. einen eingescannten Beitrag mitzusenden oder auch einen Link zu einem Beitrag einzufügen. Anonyme Beschwerden sind weiterhin nicht möglich. Zur Verifizierung der Beschwerdeführer wird weiterhin eine gültige Postadresse benötigt.

Homepage des deutschen Presserats

Für die Beschwerden stellt der Presserat ein Online-Formular zur Verfügung. Was damit dann passiert, wird ebenfalls erläutert. Ein Blick in die nicht ganz leicht zu findende FAQ beantwortet in aller Kürze wichtige Fragen zum Verfahren.

Kann ich mich also – rein theoretisch (!) – über ein anderes Blog beschweren, das in einem Artikel gegen den Kodex verstößt? Etwa indem es „mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzt“ (Pressekodex §9)?

Sind Blogs Presse?

Auf UPLOAD schrieb der Rechtsanwalt Thomas Schwenke in seinem Überblicksartikel
Basiswissen Journalismus: Presserecht für Journalisten und Blogger zur Frage, ob Blogs zur Presse gehören:

“Presse” ist ein sehr weiter Begriff und umfasst die gezielte Verbreitung der Meinung in der Öffentlichkeit. Sowohl in klassischen Druckerzeugnissen wie auch in digitalen Publikationsformen. Damit können auch Blogs zur Presse gehören, wenn sie sich mit Meinungen und Berichten an die Öffentlichkeit wenden.

Wenn ich allerdings die Seiten des Presserats richtig verstehe, dann handelt es sich bei diesem Rat um ein Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle – und zwar der 95% aller Verlage, die sich dem Kodex unterworfen haben. Wer sich dem nicht unterwirft, gegen den ist ein Beschwerdeverfahren sinnlos, bzw. wird nicht angenommen – sehe ich das richtig?

Der Kodex – nur Lyrik?

Wer real existierende Pressepublikationen (offline und online) liest, fragt sich sowieso angesichts der Lektüre des Pressekodex, was für eine Relevanz so ein Gremium wohl hat. Viel BEWIRKEN kann es offenbar nicht, nicht einmal bei denjenigen Publikationen, die zu den 95% gehören, die offiziell den Kodex beachten. Vermutlich ist deshalb die Anzahl der Beschwerden pro Jahr relativ gering, wie man in den Statistiken sieht. Gerade mal 785 Eingaben sind dort für 2007 erwähnt, von denen 328 auch vom Presserat behandelt und beschieden wurden.

Ob und wie sich diese Zahl dank des Online-Formulars entwickelt, wird man sehen.

Diskussion

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2 Kommentare zu „Jeder kann sich jetzt online beim Presserat beschweren“.

  1. Da bin ich ja mal gespannt welches feedback mich dort erwarteten.

  2. Das Thema finde ich sehr interessant! Danke für die Erklärungen!