Claudia Klinger am 01. Dezember 2010 —

JMStV – viel Aufregung um (fast) nichts?

Gestern noch hatte mich die durch etliche Schließungs-Ankündigungen diverser Blogs angeheizte Panik-Stimmung fast mitgerissen: Ich machte mir ernsthaft Sorgen, ob ich nun die vielen tausend Seiten meiner insgesamt sechs Blogs nachträglich auf „frei ab Null“ oder „ab sechs“ labeln muss.

Aber wie so oft, wenn eine Erregungswelle durchs Web schwappt, stellt sich alsbald heraus, dass die Dinge so dramatisch gar nicht sind: Ja natürlich, es ist kompletter Unsinn, im Internet „Öffnungszeiten“ einrichten zu sollen – aber die allermeisten Blogger trifft das nicht. Und eben in aller Regel auch nicht die Pflicht zum „Labeln“.

Auf der FAQ-Seite zum JMStV der „freiwilligen Selbstkontrolle Medienanbieter“ findet sich folgende Erläuterung:

► Bin ich nach dem neuen JMStV verpflichtet, mein Angebot zu kennzeichnen?

Nein. Grundsätzlich gilt: Inhalte können, wenn sie nicht gegen das Strafrecht verstoßen, im Internet frei angeboten werden, ohne dass der Anbieter aus jugendschutzrechtlicher Sicht aktiv werden muss.

Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen:

  • Inhalte, die nur für Nutzer ab 12 Jahren geeignet sind und nicht von Inhalten, die für jüngere Kinder bestimmt sind, getrennt gehalten werden
  • Inhalte, die nur für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind.

Sollte eine der Ausnahmen auf Ihr Angebot zutreffen, sind Sie auch schon bisher dazu verpflichtet, eine der folgenden Maßnahmen zu ergreifen um die gesetzliche Handlungspflichten zur gesetzeskonformen Ausgestaltung zu erfüllen:

  • Nutzung von Sendezeitbegrenzungen
  • Vorschalten technischer oder sonstiger Mittel

Auch Udo Vetter gibt in seinem Artikel „Blogger können leidlich gelassen bleiben“ verhaltene Entwarnung:

„Es gibt, entgegen vieler Darstellungen, keine generelle Pflicht zu einer Alterskennzeichnung. Nur wer Inhalte anbietet, die ausschließlich für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind, muss entweder eine Alterskennzeichnung einführen oder seine Inhalte tagsüber sperren.“

Und bezüglich der Einstufung ab 12 gibts die folgende hilfreiche Konkretisierung:

„Die immer wieder herumgeisternde Altersstufe 12 Jahre wird falsch verstanden. Es wird zwar eine Regelung geben, dass Alterskennzeichnungen vorgeschrieben sind, wenn die betreffende Seite Inhalte anbietet, die erst ab 12 Jahren geeignet sind. Allerdings gilt das nur dann, wenn sich andere Angebote der Seite inhaltlich ausdrücklich an jüngere Kinder richten und diese Inhalte nicht von denen “ab 12″ sauber getrennt sind. Unschwer zu erkennen, dass es sich bei dem Angebot um ein Blog mit Kindercontent handeln müsste. „

Es gibt also keine generelle Pflicht, alle Blogs zu kennzeichnen. Ich werde das auch nicht machen und sehe dem neuen JMStV wieder gelassen entgegen.

Blogs gleich zu schließen, wenn irgend was droht, halte ich im übrigen für keine geeignete Form des Widerstands gegen absurde Regelungen. Ist ja wie Selbstknebelung wegen drohender Zensur!

Diskussion

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Ein Kommentar zu „JMStV – viel Aufregung um (fast) nichts?“.

  1. Hehe, ich habe ja schon bei Dir auch entsprechend zwei mal zukommentiert. Für mich ist diese Welle ein leicht grausiger Beleg, wie auch im Netz sich „Wahrheiten“ zusammen geschrieben werden, bis alle bibbern. Da wird eine Aufregung beim anderen abgetippt, und am Ende ist zwar der Focus weg (ist diese Regelung, die es seit 2003 ja gibt, überhaupt sinnvoll?), aber alle haben sich mal prächtig wieder aufgeregt.

    Die Leute, die ihre Blogs schliessen, haben ja nun etwas Tagesfreizeit übrig, da könnten sie doch an einer Grundschule ihrer Wahl mal vorbei schlendern und eine zwei-Stunden Internet-AG je Woche anbieten. Denn Medienkompetenz ist sicher effektiver als diese Regelung von 2003, die in ihrer Handhabung nun etwas erleichtert wird, aber an sich in der Tat diskussionswürdig ist. Und wenn wir doch „diesem Staat“ nichts mehr zutrauen, na dann machen wir es doch selber.