Claudia Klinger am 02. Juli 2009 —

Leistungsschutzrecht: bedingungsloses Grundeinkommen für Verlage?

Hubert Burda fühlt sich „schleichend enteignet“ und verlangt (nicht als erster!) von der Politik ein „Leistungsschutzrecht“, dass die Verlage ermächtigt, einen Anteil der Werbeeinahmen von Google zu verlangen, die mittels der Suchergebnisse generiert werden.

Es ist dazu schon viel geschrieben worden, mir erscheint es vor allem absurd, das bloße Finden-Lassen der Artikel als gewerbliches Ausnutzen anzusehen: Google erbringt hier ja die Leistung, den Verlagen Leser zuzuführen und verlangt dafür nichts, sondern finanziert sich über Werbung. Weiter machen diese Artikel nur einen kleinen Teil der Suchergebnisse aus: jede Menge anderer Inhalte-Anbieter werden ebenfalls gefunden. Warum sollten nun Presseverlage Geld von Google bekommen, alle anderen jedoch nicht? (Und: wie einfach ist es doch, einen Verlag anzumelden!).

Weil man versagt hat…

Der Ruf nach dem Staat hat, wen wundert’s, das Motiv, die Geschäfte der Verlage zu sichern, die aus Printzeiten zweistellige Gewinne gewohnt sind. Nachdem viele Möglichkeiten versäumt wurden, selbst ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu entwickeln, soll nun der Gesetzgeber dafür sorgen, dass der Rubel weiter rollt.

  • Versäumt wurde zum Beispiel, rechtzeitig eigene Portale für die Kleinanzeigen (Mieten, Autos, Jobs, Flohmarkt..) zu erschaffen, doch dazu waren die Verlage zu verschlafen und überließen neuen Akteuren das Feld.
  • Versäumt wurde aber vor allem, ein gemeinsames Mikropayment-System zu entwickeln, dass es erlauben würde, genau wie in der Welt der Druckerzeugnisse vom Leser Geld einzunehmen. Das Argument, im Netz wolle keiner zahlen, sticht nicht, solange niemand versucht hat, tatsächlich mit MIKRO-Beträgen (0,1 bis 2 Cent) zu experimentieren: Die FAZ bietet online Artikel für 2 Euro an – das Lesen desselben würde mich also teurer kommen als die ganze Printausgabe. Klar, dass man dann locker behaupten kann, keiner wolle zahlen!

Der Gesetzgeber soll nun also dafür sorgen, dass die Verlage eine Art „bedingungsloses Grundeinkommen“ für ihre Erzeugnisse einstreichen können: einfach nur irgend etwas ins Netz stellen, sobald einer drauf verlinkt, würden Gebühren fällig, ganz egal, ob jemand den Text liest oder nicht. Schon jetzt „erlauben“ manche Medien ja großzügig das Verlinken – ganz so, als hätten sie ein Recht darauf, es auch zu untersagen.

Haben sie nicht! Dass das auch so bleibt, ist angesichts des Vorhabens der CDU, das Thema in der nächsten Legislaturperiode anzugehen, nicht sicher. Es liegt an uns allen, ob sie damit durchkommen!

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Diskussion

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7 Kommentare zu „Leistungsschutzrecht: bedingungsloses Grundeinkommen für Verlage?“.

  1. Burda sorgt sich wohl in erster Linie um sein eigenes Grundeinkommen. Die interessen seiner Autoren hat er jedenfalls kaum im Blick bei seiner Angst, »enteignet« zu werden.

    Die deutschen Großverleger haben die Entwicklung gründlich verpennt – und dies auf dem Rücken und zu Lasten der Autoren, die schließlich den »Qualitäts«content erbringen. Jetzt wird lamentiert und gejammert.

    Übrigens sollten wir Blogger für jeden Hinweis auf Herrn Burda und sein Haus künftig die Hand aufhalten, da wir ja aktive Öffentlichkeitsarbeit betreiben …

  2. […] netzpolitik.de – Hubert Burda und das Leistungsschutzrecht perlentaucher.de – Die vierte Gewalt ist jetzt im Netz medialdigital.de – Dann boykottiert doch Google wirres.net – Hubert Burda will lieber nehmen als geben querbeet-deluxe.com – Das digital gedruckte Wort und seine Auswirkungen webwriting-magazin.de – Leistungsschutzrecht: Bedingungsloses Grundeinkommen für Verlage […]

  3. Guten Gewissens Zeitung lesen…

    Claudia Klinger hinterfragt das Verlangen, die Zeitungsverleger vor dem Internet zu retten, und ich habe wenig Lust, die Branche gratis zu beraten. Anderseits hören sie ohnehin nicht zu. Die Zeitungen verlieren nicht ihre Leser, sondern ihre Koste…

  4. Ich kann den Grundgedanken schon verstehen. Google, als Beispiel, verdient in der Tat gut daran, daß andere Leute Inhalte in das Netz stellen. Ein nicht kleiner Teil dieses „Verdienst“ fehlt dann nun denjenigen, die besagte Inhalte ins Netz stellen.

    Das dies ärgert, kann ich verstehen.

    Der aufgezeigte Weg mag sicherlich kaum der richtige sein, und das Verlage viel verschlafen haben und es noch tun, ist auch richtig, aber folgende Grundhaltung, Zitat jetzt:

    „Dabei gilt es, gemeinsam Regeln zu finden, ohne die freie Kultur des Netzes einzuschränken.“

    könnte doch fast aus dem Parteiprogramm der Piraten sein, so ich es nicht vollständig mißverstehe. Sicherlich mag hier dem Herrn Burda sein eigenes Hemd am nähsten sein, gleichwohl: hier erkennt einer von den altvorderen, wenn auch nur langsam und bruchstückhaft und subjektiv verzogen, daß sich am Umgang mit dem Eigentum im Netz etwas ändern muß. Und zwar OHNE das freie Netz ein zu schränken.

    Mag die Marschrichtung verkehrt sein, aber hey, etwas tapsigkeit kann ich den älteren schon noch zugestehen beim ankommen in der Netzrealität.

    Wenn man nicht alles auf einmal vom Gegenüber erwartet, ist dies doch der Funke einer Hoffnung.

  5. @Chräker: Jeder Shop und jeder Vertriebsmensch, jeder Werber und selbst die gelben Seiten verdienen daran, dass etwas produziert wird. Die Produzenten zahlen dafür in vielen Fällen Provision/Honorar/Miete etc., werden nicht etwa umgekehrt dafür bezahlt, dass sie überhaupt etwas herstellen. Jedenfalls nicht von all denjenigen, die den Herstellern Käufer zuführen!

    Dass Presseverlage ihre Artikel kostenlos ins Netz stellen, ist deren freie Entscheidung. Dass sie kein Mikropayment (und auch kein anderes Modell) entwickelt haben, ist m.E. IHR Versäumnis – da kann man doch jetzt nicht einfach von den Vertriebsbeteiligten Geld verlangen!

  6. Die Dimensionen sind nur anders geworden, und dieser Unterschied macht es immer so schwer zu kommunizieren, wenn „alte bisherige Verfahren“ mit dem jetzigen Zustand des Internets verglichen werden, egal welche Seite diese Vergleiche im jeweils passenden Momenten immer herbeiziehen.

    Deswegen muß man komplett neu das ganze Rechtsbewusstsein und Verständnis hier aufdröseln, und Herr Burda bewegt sich auf diese Denkstrasse zu, nur eben noch in die falsche Richtung meinenthalben. Aber grundsätzlich sagt er das selbe wie viele Netzleute: es muß neu durchdacht werden unter Berücksichtigung der freiheit deKultur im Netz.

    Ich denke, wir sollten die Altvorderen, die sogar schon mal soweit sind, oben zitierte Erkenntnis zu entwickeln, abholen und nicht gleich in „selber schuld, so nicht“ Gesprächsblockade verfallen.

  7. „Burda sorgt sich wohl in erster Linie um sein eigenes Grundeinkommen.“

    Wer viel hat, hat viel zu verlieren. ;-)
    Wenn der Normalbürger sich um sein geringes Einkommen sorgt, wird das in den seltensten Fällen in den Medien erwähnt.