Hans Bindewald am 15. Januar 2017 —

Vom Sitzen im Web – So gefährlich kann Webworking sein

Zumindest eins haben wir Webworker, unsere Leser und viele User gemeinsam – wir alle verbringen viel  Zeit vor dem Monitor und ja, das meist sitzend. Das trifft nicht nur auf uns zu, sondern auf einen stetig wachsenden Anteil der arbeitenden Menschen. Zunehmende Digitalisierung bringt eben eine zunehmend sitzende Lebens- und Arbeitsweise mit sich.

Evolution

Rückenschmerzen, Beschwerden in Armen und Beinen, Kopfschmerzen, Sehstörungen sind die bekannten Begleiterscheinungen und stehen in der Hitliste bei Krankmeldungen im Büro ganz oben. Der oft gehörte Seufzer „ich hab‘ Rücken“ wird gerne belächelt, aber wer die Schmerzen kennt, sieht das anders.  So bringen die gesundheitlichen Folgen des Dauersitzens in der Arbeitswelt für Mitarbeiter und Arbeitgeber nur Nachteile.

Dass es aber auch um noch mehr geht, lesen wir im DKV-Report 2016: „Wie gesund lebt Deutschland?“:

„Forschungsergebnisse zeigen recht klare Zusammenhänge zwischen hohen Sitzzeiten und einer Steigerung des Erkrankungsrisikos, vor allem für  Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Überlanges Sitzen steht auch im Verdacht, das Risiko für die Gesamtsterblichkeit zu erhöhen. Bei Personen, die bereits 7 Stunden pro Tag sitzen, führt zum Beispiel jede weitere Stunde Sitzen zu einer 5-prozentigen Erhöhung der Gesamtsterblichkeit.“

Zauberwort  ‚Ergonomie‘

Effektives, effizientes Arbeiten, Motivation, Gesundheit und Wohlbefinden – das versuchen Fachleute für Ergonomie durch die richtigen Anpassungen zu erreichen. Und tatsächlich geht es bei der Belastung ja nicht nur um das Sitzen –  Lärm, falsches Licht, unzureichende Arbeitsmittel, schlechtes Raumklima sind andere Faktoren mit potentiell negativen Wirkungen.

Wer als Webworker allein zuhause vor dem Monitor sitzt, wird keinen Ergonomieberater kommen lassen. Aber jeder kann seine Arbeitsabläufe und alles rund um seinen Schreibtisch mal kritisch prüfen und sich fragen, was ihn da am stärksten belastet.  Oft bringen kleine Änderungen schon eine große Wirkung.

Alles steht und fällt mit dem richtigen Bürostuhl

Das darf man natürlich nicht wörtlich nehmen. Die Zeiten von Bürostühlen, die nicht sicher auf fünf Beinen standen und auch mal umkippten, sollten lange vorbei sein. Doch kommt dem Bürostuhl auch heute noch die zentrale Rolle bei der Gestaltung eines ergonomischen Arbeitsplatzes  zu.

Worauf kommt es beim richtigen Bürostuhl an?

Nun, die Antwort ist einfach: Er lässt sich optimal auf individuelle Körpermaße einstellen!

  • Die Sitzhöhe

Die Sitzhöhe ist dann richtig eingestellt, wenn die Oberschenkel eine zum Knie hin leicht abfallende Linie bilden. Positiv wirkt sich darüber hinaus eine Sitztiefenfederung aus, die das Körpergewicht beim Hinsetzen abfedert.

  • Sitztiefe und Sitzfläche

Lehnen Sie sich im Stuhl zurück und achten Sie auf den Abstand von Sitzvorderkante und Ihrer Kniekehle – dazwischen sollten gute 10 cm Luft sein. Wenn es um die Sitzfläche geht, probieren Sie es einfach aus und wählen Sie die Größe, mit der Sie sich am wohlsten fühlen.

  • Die Rückenlehne

Vertrauen Sie auch hier auf  Ihr subjektives Gefühl. Grundsätzlich ist eine bewegliche Aufhängung vorteilhaft

  • Die Armlehnen

Perfekt ist es, wenn die Armlehnen in Höhe und Breite verstellbar sind. Wenn Sie sich mit dem Bürostuhl dem Tisch nähern, sollten nicht die Armlehnen, sondern der Bauch den ersten Kontakt haben (der Eine oder Andere hat damit unabhängig vom Bürostuhl keinerlei Probleme).

Dazu gibt es keine Alternative!

Sie ahnen es: Es gibt es nicht – das perfekte Sitzmöbel, mit dem wir ohne die geringste Beeinträchtigung tagein, tagaus Stund um Stund vor dem Monitor verbringen können.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Balans-Stuhl, Pendelstuhl oder auch das Stehpult keine dauerhaften Alternativen zu Bewegung bieten. Denn wir brauchen Pausen und zwar bewegte Pausen. Experten raten eindringlich  dazu, die Arbeit im Sitzen immer wieder zu unterbrechen, sich zu bewegen oder auch mal kurz im Stehen weiter zu arbeiten. Sehr positiv wirkt es sich auch aus, im Büro mit ganz einfachen Übungen Beschwerden vorzubeugen und sich so die notwendige Fitness für die nächsten Bürostunden zu holen.

Wenn man dabei vielleicht auch etwas seltsam aussehen mag: Für Peinlichkeitsgefühle gegenüber Kollegen gibt es keinen Grund. Und alle, die alleine in einem Büro sitzen, können ja solange die Webcam abkleben (man weiß ja nie).

Warten auf die Evolution?

Das Internet ist rund 25 Jahre alt und damit ein zu junges Phänomen als dass sich der Mensch schon an die Veränderungen angepasst hätte.

Wenn die Evolution weiter ihre Arbeit tut, werden wir irgendwann völlig entspannt auf unseren Bürosesseln lümmeln. Beschwerden oder bewegte Pausen werden Relikte eines längst vergessenen Zeitalters sein.

Aber ich fürchte, weder meine Generation noch die jetzt geborenen „digital natives“ werden das erleben. Auch sie werden irgendwann noch von ihren Augen, Beinen oder ihrem Rücken gezwungen, sich mit Themen wie Ergonomie, Bürostühlen und Bewegung herum zu schlagen.

Es stimmt eben auch für uns Webworker:
Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich! (Erich Kästner).

Diskussion

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2 Kommentare zu „Vom Sitzen im Web – So gefährlich kann Webworking sein“.

  1. Man kommt um das lange sitzen, wenn man einen Bürojob hat nicht umher. Man kann mit modernen Stühlen aber, wie ja schon beschrieben, viel machen. Das man sich trotz ergonomischen Stuhl dennoch viel bewegen muss ist klar.

  2. Danke für die wunderbare Erklärung hier, das bringt wirklich Durchblick in die Ergonomie-Welt. Ich rate allerdings trotzdem jedem, vor dem Kauf eines ergonomischen Stuhles zusätzlich immer eine professionelle Beratung einzuholen, dann kann man sichergehen, dass man auch den für seinen Rücken richtigen Stuhl auswählt. Bestellen kann man den ja dann immer noch im Internet ;-)