Thomas Knüwer fasst in seinem Artikel „Warum Paid Content für Zeitungen nicht funktioniert“ wieder einmal das Dilemma der Verlage zusammen: Fieberhaft sucht man nach Möglichkeiten, die Leser im Web für Inhalte zahlen zu lassen, damit der Transfer der Print-Zeitungen und Magazine ins Netz mit seiner Kultur des Kostenlosen nicht direkt in die Pleite führt.
Doch wie man es auch dreht und wendet: es funktioniert nicht. Nur sehr spezielle Inhalte wie etwa Produkttests lassen sich auf diese Art vermarkten. Für News, Hintergrundberichte, Reportagen und Kolumnen wäre die Zahlschranke kontraproduktiv. Sie würden drastisch weniger gelesen, nicht mehr zitiert und kaum mehr verlinkt – unmöglich für Medien, die möglichst VIELE Leser erreichen wollen.
Klassische Banner-Werbung wiederum hat das Problem, dass Googles allgegenwärtige Adsense/Adwords-Geldmaschine zu einem Verfall der Preise führte. Was hier eingenommen wird, ist im Vergleich zu Anzeigen in gedruckten Ausgaben zu wenig, um guten Online-Journalismus auf Dauer zu finanzieren. Was also dann? Wo könnte noch Geld herkommen?
Die Idee: Werdet Teil des Schwarms – aber kostenpflichtig!
Geld kann man nur mit etwas verdienen, das auch jemand haben will. Nun gibt es lange schon etwas, was unzählige Blogger, Web-Projektler, Homepage-Bastler und noch viel mehr Betreiber kommerzieller Websites ganz gerne hätten, wenn es denn zu haben wäre: Den Link zur eigenen Website im Kommentar unter dem Artikel eines gut besuchten Leitmediums.
Genau das verweigern die klassischen Medien in der großen Mehrheit auf unterschiedliche Weise:
- Meistens gibt es gar keine Gelegenheit, Artikel zu kommentieren – oder die Diskussion wird in Foren abgedrängt.
- Wo kommentiert werden darf, sind Links zur Homepage in den Eingabemasken nicht vorgesehen.
- Links im Text sind vielfach ebenfalls verboten.
Das krampfhaft verlinkungsfeindliche Verhalten betrifft nicht nur die Kommentare, sondern zieht sich auch durch die Artikel, in denen jeder Link nach außen penetrant vermieden wird. In einer medialen Umwelt, in der die Leser es zunehmend gewohnt sind, über die zur Sache oder Person angegebenen Links ein Thema auf eigene Faust zu vertiefen, bestehen die „klassischen“ Medien darauf, sich als Sackgassen des Netzes zu profilieren.
Und all das, um den Wert ihrer Werbe-Plätze nicht durch Außenlinks zu schmälern: Anzeigen, deren Preise sowieso verfallen und deren Abrechnungsweise nach Pageviews zu diesen elenden „Klick-Strecken“ führt, die echte LESER wirklich nerven – manche so sehr, dass sie nicht mehr kommen.
Die Alternative:
Man stelle sich ein Leitmedium vor, dessen sämtliche Artikel (außer den Kurzmeldungen) für registrierte Leser kommentierbar sind. Selbstverständlich kann man kostenlos kommentieren, doch muss Premium-Mitglied werden, wer einen Link zur eigenen Seite (Website, Blog, SN-Profil…) mit dem Kommentar verbinden will.
Um das nicht überhand nehmen zu lassen, könnte man es kontingentieren:
- Premium darf 10 mal pro Monat verlinken,
- Premium plus 20 mal
- Premium Gold 50 mal
oder ähnlich. (Es könnten auch ganz andere Zahlen sein, je nach Charakter des Mediums und Frequenz der Artikel).
Das Ganze zu massenkompatiblen Preisen zwischen 5 und 15 Euro/Monat – evtl. noch verbunden mit ANDEREN werthaltigen Benefits. Bindet man ein Micropayment-System ein, wäre auch „Pay per Link“ denkbar.
No follow! Na klar…
Damit die große Suchmaschine, von der wir alle abhängen, nicht irritiert wird, und die Kommentargespräche nicht zu bloßen „SEO-Link-Kommentaren“ verkommen, wären das alles selbstverständlich NoFollow-Links! Es ginge einzig um die VERNETZUNG, um das Zulassen der Möglichkeit, dass Leser dem Kommentarlink folgen, weil sie MEHR von diesem Kommentierer wissen und lesen wollen.
Bestimmte unerwünschte Inhalte (etwa Porno- und Casino-Seiten) könnte man per AGB ausschließen – es wäre auch denkbar, mit ein wenig menschlicher Arbeit die vom Mitglied bei der Anmeldung anzugebenden Home-Seiten erst zu sichten und dann „frei zu schalten“.
Leitmedien statt Sackgassen
Um die mehrdimensionalen Wirkungen solch eines beherzten Strategiewechsels plastisch auszumalen, ist dieser Artikel bereits zu lang. Das überlasse ich jetzt mal der kreativen Fantasie der Leser – da fällt Euch doch sicher einiges ein!?
Von mir selber weiß ich, dass ich bisher kaum mal auf einem der Großmedien kommentiere, weil mir dort das Verlinken zu den eigenen Blogs nicht gestattet wird und ich andere Kommentierer nicht kontakten kann. Es erscheint geizig, abweisend und unsozial. Ich fühle mich da oft als bloßes „Klick-Vieh“ behandelt, dessen Interessen hinter dem ganzen Werbe-Geflimmer zurück stehen müssen. Also verlinke ich die Artikel auch ungern in meinen Blogs, denn ich weiß ja: das ist eine Einbahnstraße.
„Großmedien“, die sich dem Verlinken ins weite Web öffnen, wären dagegen schnell große Knoten im Netz: Leitmedien im Schwarm, deren Bestehen man gerne mit ein paar Euro mitfinanziert.
Wer bestimmten Medien schon im Print freundlich gesonnen war und den Auftritt im Web (bei aller Kritik im Einzelfall) ja durchaus nutzt und schätzt, wäre bald bei „seinen“ Medien Mitglied – ganz so, wie man früher seine Zeitung abonniert hatte.
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Zu möglichen Geschäftsmodellen siehe auch:
Freshzweinull: Ideen zu verschenken: Beiträge per Mausklick mit einer Spende belohnen
SPON: Journalismus: Panik ist kein Geschäftsmodell
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22 Kommentare zu „Wie klassische Medien online mehr Geld verdienen könnten“.