Claudia Klinger am 25. April 2009 —

Zerstört Google das Interesse an den Mitmenschen?

Auf Selbständig im Netz gibt’s ein Intervie mit Heiner Hemken von SEO-united.de – und zwar zur Bedeutung, die Google für unser Leben hat.  Es wundert nicht, dass Hemken als „Suchmaschinenoptimierer“ (SEO) eine besondere Beziehung zu Google hat, ist er doch von Berufs wegen von den Launen der Suchmaschine abhängig.

Doch seine Worte reichen weit über diese persönliche Dimension hinaus, wenn er dann zu einem durchaus verblüffenden Statement in Bezug auf unsere „gläserne Zukunft“ kommt:

„Die uns durch das Internet zur Verfügung stehenden Informationen werden nicht dazu führen, dass wir mehr über unsere Mitmenschen wissen werden, sondern dazu, dass wir uns nach und nach voneinander entfremden werden.

Anders ausgedrückt, wird man später zwar die Möglichkeit haben, auch intimste Informationen über seine Freunde oder Feinde herausfinden zu können, man wird es jedoch nicht machen. Als Mitglied einer Informationsgesellschaft sollte man nie den Fehler machen, Informationen über sich selbst zu wichtig zu nehmen. Informationen über uns werden zwar vorliegen, aber keinen mehr interessieren.“

Leider wird das Thema nicht weiter vertieft. Mir erscheint diese Behauptung jedenfalls äußerst fraglich, denn immer schon war und ist das Interesse der Menschen groß, diejenigen erkennen und anhand verschiedenster Zeichen (heute: Infos) bewerten zu können, mit denen man so in Kontakt kommt. Warum die Beantwortung der Frage „kann ich dem vertrauen?“ durch die zunehmende Menge vorhandener Informationen auf einmal unwichtiger werden soll, vermittelt sich mir nicht. Ich glaube, hier irrt der SEO, bzw. projiziert vielleicht eine eigene „Info-Müdigkeit“ auf den Rest der Welt.

Diskussion

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6 Kommentare zu „Zerstört Google das Interesse an den Mitmenschen?“.

  1. Hallo Claudia,

    ich kann ehrlich gesagt den Gedankengang von Heiner Hemken auch nicht so ganz nachvollziehen.

    Ich glaube eher, dass durch die Flut an Informations-und Kommunikationsmöglichkeiten eher die Einsamkeit unter den Menschen zunimmt, nicht aber das Interesse an Mitmenschen.

    Viele Grüße,

    Joachim

  2. Daß das Interesse der Menschen aneinander (und auch am Ausspionieren oder gar Dennunzieren) nicht erlahmen wird, denke ich auch. Es ist zu mnenschlich.

    Aber dennoch dehe ich, daß die Art der Informationsvielfalt, die Menschen voneinander gewinnen (können), zu einer Entfremdung führt – weil diese Vielfalt vorgeformt, von dritter Seite bereitgestellt wird. Schon heute ist das Wissen eines Bürgers über seine Lebenswelt in überwältigendem Maße nicht mehr von Augenschein-Erfahrungen oder in Peer-Groups vor Ort gesammelten Erfahrungen bestimmt, sondern von woanders für ihn aufbereiteter Form. (Medien, On-dits der Politik, Moden usw.) Und nichts wird sich in Zukunft daran ändern. Wer in diesem Punkt auf eine kritische Journaille vertraut, ist ebenso verraten und verkauft wie der naive Glaube, das heterogene Web würde hier Einhalt gebieten können. Es wird ja eben deswegen gerade parzelliert!

  3. Ich verstehe den Gedankengang so, dass zunehmende Information den Wert von Information zunehmend abnehmen läast. Ein Inflations-Effekt also. Und im Zuge dessen wird selbst Information, die zu unseren und erst recht in noch früheren Zeiten „heiß gehandelt“ wird/wurde, irgendwann wertlos sein. Angenommen, es wäre möglich, ein Menschenhirn zu scannen und auf Festplatten zu speichern. Dann hätte man wohl einige Petabyte an Daten – zigmillionen Bilder, Videos, Sprachfetzen usw. Alles, auch intimste Geheimnisse, irgendwo gespeichert als Video, Grafik, Sound oder Text. Angenommen nun weiter, du kennst diesen Menschen, dessen Hirn da gescannt wurde. Mal ehrlich, hättest du wirklich so große Lust, alle Dateien zu öffnen?

  4. @Stefan

    Dein Argument mit der Lust zündet in meinen Augen nicht recht.

    Was, wenn technische Mittel dir erlaubten, gezielt in dem Wust von Informationen (die besser als Datenmüll bezeichnet wäre) das aufzuspüren, was du suchst? Dann sieht die Sache schon etwas anders aus. Und das automatische Herausfiltern von spezifischen Daten nach irgendeinem beliebigen Kriterium aus einem solchen chaotischen Müllberg ist meines Wissens durchaus ein brandaktueller (i.e. gut gefördertert) Zweig einschlägiger Forschungen.

    Ein Beispiel für einen solchen gut funktionierenden Filter sind etwa das Erste und das Zweite Deutsche Fernsehen in Gestalt ihrer Tagesschau-Heute Berichterstattung. Reibungslos funktionierende Mechanismen, die erfahrene Wirklichkeit produzieren mit Hilfe von gezielter Selektion aus einer Unmenge angebotenen Datenmaterials. Die Welt, das Universum ist dem Konsumenten dieser Medien das, was dort geschaffen wird. Anderes weiß und erfährt er nicht, woher denn auch? Wenn doch schon in heute nur noch leicht avantgardistischen Haushalten der Kühlschrank qua Website sagt, was drinnen fehlt und seine Bewohner dieses nur auf ihren Schnittstellen (ob sie nun iPod oder Blackberry oder Laptop heißen) zu sehen bekommen, statt die Tür aufzumachen und nachzuschauen. Vielleicht schauen wir alle beim Autofahren eines Tages auch nicht mehr aus der Frontscheibe hinaus, sondern gucken lediglich auf ein klar strukturiertes Surround-Display mit Einblendung der wichtigsten Environment-Daten (manche Jungs fänden das sicher extrem geil und fühlten sich dann wie ein Pilot in einer F-16 oder im Cockpit eines Apache! Mit der Lizenz, ’nen Sechserpack bei der Tanke abzuholen, das der Kühlschrank dort bereits via local consNet geordert hat..)

  5. Google mag im Web das Maß aller Dinge sein, aber niemals in der Realität. Menschenkenntnis läßt sich nicht über Suchmaschinen erlernen, geschweige denn aufspüren. Keine Suchmaschine der Welt kann ein klares, unverfälschtes Bild über eine bestimmte Person liefern. Vielmehr einen billigen Abklatsch dessen, was diese Person ausmacht. Darum hat die direkte Kommunikation, wenn man so will, einen größeren Nutzen und liefert mehr Informationen über seine Mitmenschen als jedes Web 2.0-Spielzeug.

  6. @Michael Koren
    da kann ich nur voll und ganz zustimmen.
    Leider gibt es viele, die das, was sie im Netz finden, als bare Münze nehmen.