Robert Basic, der die deutschen Blogcharts länger schon anführt und auf der Hitliste der Topquellen bei Riva gleich hinter SPIEGEL und HEISE rangiert, hatte seine Leser gefragt, warum sie eigentlich nicht bloggen. Die über 50 Antworten, die binnen eines halben Tages zusammen kamen, geben einen interessanten Einblick in die Motive und Hindernisse, Hemmungen, Zweifel und Bedenken rund ums persönliche Publizieren, die man in dieser geballten Form selten zu Gesicht bekommt – weil die Leute, die so denken, das halt nicht bloggen. Hier mal eine Zusammenstellung der genannten Gründe:
- ich habe kein interessantes Thema, es gibt schon genug Blogs, die keiner lesen will
- mir fehlt Motivation und Durchhaltevermögen, bin zu faul
- eigene Texte klingen doof (= ich schreibe nicht gut genug)
- ich habe dafür keine Zeit (wg. Arbeit, Studium, Familie…)
- ich mag mich nicht auf EIN Thema konzentrieren
- mir fehlt ein individuelles Template (= Design) und die Fähigkeit, eines zu erstellen
- vom bloggen wird man einsam, fett und unattraktiv
- ein Blog stört die Jobsuche, denn Arbeitgeber googeln schon mal
- der Anspruch, gut zu sein, hält mich ab
- mir fehlt’s an Durchhaltevermögen, regelmäßig posten schaffe ich nicht
- ich scheue die rechtlichen Risiken (Kommentarfunktion, Abmahngefahr etc.)
- ich kann nicht bloggen, was mich bewegt, denn Arbeitgeber, Kollegen und Nahestehende würden es mitlesen
- ich scheue die Arbeit, die es macht, Leser anzulocken
- es gibt immer Akteure und Zuschauer, ich bin lieber Zuschauer (ich lese lieber)
- Was ich heute schreibe hängt mir unter Umständen in 50 Jahren noch nach
Dass viele keine Zeit und kein interessantes Thema haben, dass sie zum bloggen reizt, wundert nicht. Zwar könnte man einwenden, dass es in jedem Leben etwas Berichtenswertes gibt, doch ist es eben nicht jedermanns Sache, über Persönliches zu schreiben und zu sämtlichen gängigen Sachthemen gibt es ja mittlerweile mindestens ein, wenn nicht gar viele Blogs. Allerdings: Würde jeder bloggen, würde schon aus Zeitgründen weniger gelesen. Es muss auch Nur-Leser geben, ihre Aufmerksamkeit empfinde ich als ein kostbares Geschenk!
Das „ideale Blog“ schreckt ab
Deutlich wird an den Antworten auch, dass die vielfältigen Belehrungen, wie ein erfolgreiches Blog geführt werden sollte, Wirkung zeigen. David bringt es in seinem Kommentar auf den Punkt:
„Damit ein Blog wirklich gelesen wird, muss er thematisch einen roten Faden haben und regelmässig updated werden. Ausserdem müssen die Beiträge treffend formuliert und kurz sein. Erfolgreiche Blogger sind Spezialisten auf einem Gebiet, formulierungsstark und haben viel Zeit.“
Je anspruchsvoller die Vorstellung, wie ein „ordentliches Blog“ zu sein hat, desto weiter fühlen sich viele davon entfernt, diesen Vorgaben genügen zu können oder zu wollen. Wer GUT SEIN WILL, gibt sich mit weniger nicht zufrieden und lässt es lieber ganz, als halbe Sachen zu machen, die dann so vor sich hindümpeln. Allerdings gibt es nicht nur die EINE Möglichkeit, als regelmäßig schreibender Experte die Welt zu beglücken: Auch die EIGENE ART, wenn sie nur konsequent und lange genug verwirklicht wird, kann erfolgreich sein und bei einer Leserschaft Gefallen finden – sonst würde z.B. kaum jemand mein Digital Diary lesen, das zwar keinen „roten Faden“ hat, aber doch einen eigenen, nämlich meinen Stil.
Dick und hässlich?
Zwei Kommentatoren posteten tatsächlich das alte Vorurteil, dass nur fette, unattraktive (und gewiss auch picklige) Einsame zum Bloggen prädestiniert seien. Gepaart mit der Überheblichkeit und Arroganz, die in der Anonymität so leicht fällt, reizen ihre Beiträge eher zum Lachen als zu ernsthafter Auseinandersetzung – immerhin lockert sowas eine angenehm ernsthafte Kommentarseite ein wenig auf! :-)
Persönlich schreiben?
Positiv beeindruckt hat mich der ausführliche Kommentar von Fran zum Thema Privatheit versus Öffentlichkeit. Ihre Erfahrung beschreibt sie so:
„Ich hatte irgendwann das Gefühl das ich mich mit den Sachen, die ich für relevant hielt zu weit für eine nicht kontrollierbare Masse öffne. Das Gefühl war kein schönes. ….. Nach meiner subjektiven Empfindung waren die Sachen die ich bloggen konnte nicht die die ich bloggen wollte. Was ich bloggen konnte: Zu unrelevant und zu unpersönlich. Was ich bloggen wollte: Zu persönlich oder zu nah am Job. Das Dilemma habe ich nie lösen können.“
Fran ist eine Frau, da wette ich drauf. Viele männliche Blogger denken ja nicht im Traum daran, über das zu schreiben, was sie persönlich wirklich berührt. Ihre Blogs sind in der Mehrzahl reine Info-Blogs, gespickt mit Meinungen über dies und das, gelegentlich ein Schlagabtausch mit anderen Bloggern und das war’s. In die Bredouille, die Fran beschreibt, wagen sie sich erst gar nicht und oft genug schauen sie auf sogenannte „Befindlichkeitsblogs“ auch noch herab. Mich hat dagegen das Persönliche Schreiben immer schon interessiert, nämlich dann, wenn es nicht platten Alltag berichtet, sondern entlang am eigenen Erleben zu Inhalten vordringt, die im Grunde jeden Menschen angehen. Wie man das macht, ohne die Privatheit der nächsten Umgebung zu opfern, ist eine spannende Frage – und jedes Blog, in dem ich den Versuch spüre, das auf intelligente Weise zu lösen, gewinnt mich als ständige Leserin!
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23 Kommentare zu „Einsam, fett und unattraktiv? 15 Gründe, nicht zu bloggen“.